Unkraut jäten macht glücklich
Am 31. Mai 1920 schrieb Virginia Woolf, deren Geburtstag wir am 25. Januar feiern, in ihr Tagebuch:
“The first pure joy of the garden . . . weeding all day to finish the beds in a queer sort of enthusiasm which made me say this is happiness.”
Virginia Woolf war eine große Autorin, schrieb Kurt Flasch in der FAZ vom 27.9.2008 in einer Besprechung zum Erscheinen des letzten Tagebuchbandes 5 (1936 – 1941) in deutscher Übersetzung. Flasch hält die Tagebücher für ein literarisches Ereignis und zählt Woolf, neben Proust und Joyce, zu den Autoren, die den Roman im 20. Jahrhundert wesentlich geprägt haben:
„Ihr feministisches Engangement verdeckt für manche ihre ästhetische Revolution, die darin bestand, vom inneren Bewusstseinsstrom aus zu erzählen und die moderne Zeiterfahrung zu beschreiben.“
Ich erinnere mich leider nur noch dunkel an Woolfs Roman „Zum Leuchtturm“, in dem wenig bis gar nichts passiert. Alles spielt sich in den Köpfen der Hauptfiguren ab, deren Gedanken und Wahrnehmungen Woolf beschreibt. Die kurze Beschäftigung mit Virginia Woolf für diesen Beitrag hat mir aber Lust gemacht, den Roman nochmals zu lesen, schließlich hat Leonard Woolf diesen Roman ein „philosophisches Gedicht“ genannt.
Mit Leonard Woolf wären wir wieder beim Anfang dieses Beitrags, nämlich beim Gärtnern. Er war im Jahr 1919 die treibende Kraft beim Kauf von Monk’s House, dem kleinen, äußerst spartanisch ausgestatteten Anwesen in Rodmell in der englischen Grafschaft Sussex, knapp 100 Kilometer südlich von London.
„Das Gärtnern war für Virginia und Leonard kein Selbstzweck; vielmehr half es ihnen, sich nach einer arbeitsreichen Woche in London zu entspannen.“
(Cecil Woolf, der Neffe der Woolfs)
Der Garten der Virginia Woolf
„Bis 1926 waren die Lebensumstände in Monk’s House so primitiv, wie es sich der an heutigen Komfort gewöhnte Mensch in keiner Weise vorstellen kann. […] Sehr schnell erklärte Leonard den Garten zu seinem Reich.“
Das schreibt Caroline Zoob in ihrem Buch „Der Garten der Virginia Woolf“, das für Leserinnen, die mit Virginia Woolfs Leben und Werk noch nicht vertraut sind, ebenso interessant ist, wie für Bewunderer englischer Gartenkultur oder Woolf-Kenner*innen. Zoob lebte mit ihrem Mann von 2000 bis 2001 in Monk’s House. Sie waren verantwortlich für das Anwesen mit dem großen Garten, den Leonard Woolf im Laufe der Jahre angelegt hat.
Das großformatige Buch mit Fotos von Caroline Alber erzählt die Geschichte von Monk’s House, beginnend mit dem Einzug der Woolfs am 1. September 1919. Neben dem Garten nehmen biografische Details und das Werk Virginia Woolfs einen angemessenen Raum in diesem Buch ein. Die schönen Fotos werden ergänzt durch historische Aufnahmen (wir sehen Virginia Woolf im Gespräch mit dem Ökonomen John Maynard Keynes), Gartenskizzen, Zeichnungen, Gemälde und Zitate mit Gartenbezug aus den Tagebüchern Virginia Woolfs. Im Anhang gibt es ein Literaturverzeichnis, einen Zitatennachweis und Gartenpläne von 1919 und 1932.
„L. kümmert sich um die Rhododendren.“
Dies ist der letzte Satz in Woolfs Tagebüchern am 24. März 1941, bevor sie sich Steine in ihre Taschen füllte und sich am 28. März in dem Fluss Ouse ertränkte, der nur ein paar hundert Meter an Monk’s House vorbeifließt. Die furchtbaren Depressionen, an denen sie litt, hatten gesiegt. Ihre Urne wurde, ebenso wie später die ihres Mannes, im Garten von Monk’s House beigesetzt.
Wir haben Monk’s House im Mai 2017 besucht und waren ehrlich gesagt etwas enttäuscht vom Zustand des Gartens und des Hauses. Wir nehmen aber an, dass der National Trust, dem das Anwesen seit 1980 gehört, dieses literarhistorische so bedeutende Anwesen zwischenzeitlich wieder in einen würdigeren Zustand versetzt hat.
Buchinformationen
Caroline Zoob, Caroline Arber (Fotos)
Der Garten der Virginia Woolf
übersetzt von Claudia Arlinghaus
2013, Deutsche Verlags-Anstalt, München
ISBN: 978-3421039378
nur noch antiquarisch
Virginia Woolf
Gesammelte Werke in Einzelausgaben
als Taschenbücher im S. Fischer Verlag
Herausgeber Klaus Reichert
Link zu den Titeln
Als Einstieg in die Tagebücher:
Virginia Woolf
Schreiben für die eigenen Augen –
Aus den Tagebüchern 1915 – 1941
Herausgegeben von Nicole Seifert
Übersetzt von Maria Bosse-Sporleder, Claudia Wenner
FISCHER Taschenbuch
ISBN: 978-3-596-90457-0
Website der Virginia Woolf Society Great Britain
Die Virginia-Woolf-Gartenpostkarte
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