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Virginia Woolf: Autorin, Feministin, Unkrautexpertin

Büste von Virginia Woolf (25.1.1882 – 28.3.1941) im Garten von Monk’s House in Rodmell, Sussex

Büste von Virginia Woolf (25.1.1882 – 28.3.1941) im Garten von Monk’s House in Rodmell, Sussex

Unkraut jäten macht glücklich

Am 31. Mai 1920 schrieb Virginia Woolf, deren Geburtstag wir am 25. Januar feiern, in ihr Tagebuch:

“The first pure joy of the garden . . . weeding all day to finish the beds in a queer sort of enthusiasm which made me say this is happiness.”

Virginia Woolf war eine große Autorin, schrieb Kurt Flasch in der FAZ vom 27.9.2008 in einer Besprechung zum Erscheinen des letzten Tagebuchbandes 5 (1936 – 1941) in deutscher Übersetzung. Flasch hält die Tagebücher für ein literarisches Ereignis und zählt Woolf, neben Proust und Joyce, zu den Autoren, die den Roman im 20. Jahrhundert wesentlich geprägt haben:

„Ihr feministisches Engangement verdeckt für manche ihre ästhetische Revolution, die darin bestand, vom inneren Bewusstseinsstrom aus zu erzählen und die moderne Zeiterfahrung zu beschreiben.“

Ich erinnere mich leider nur noch dunkel an Woolfs Roman „Zum Leuchtturm“, in dem wenig bis gar nichts passiert. Alles spielt sich in den Köpfen der Hauptfiguren ab, deren Gedanken und Wahrnehmungen Woolf beschreibt. Die kurze Beschäftigung mit Virginia Woolf für diesen Beitrag hat mir aber Lust gemacht, den Roman nochmals zu lesen, schließlich hat Leonard Woolf diesen Roman ein „philosophisches Gedicht“ genannt.

Mit Leonard Woolf wären wir wieder beim Anfang dieses Beitrags, nämlich beim Gärtnern. Er war im Jahr 1919 die treibende Kraft beim Kauf von Monk’s House, dem kleinen, äußerst spartanisch ausgestatteten Anwesen in Rodmell in der englischen Grafschaft Sussex, knapp 100 Kilometer südlich von London.

„Das Gärtnern war für Virginia und Leonard kein Selbstzweck; vielmehr half es ihnen, sich nach einer arbeitsreichen Woche in London zu entspannen.“

(Cecil Woolf, der Neffe der Woolfs)

Der Grüne Salon, das Wohnimmer von Virginia und Leonard Woolf in Monk’s House. Richtig warm wurde es dort selten.

Der Grüne Salon, das Wohnimmer der Woolfs in Monk’s House. Richtig warm wurde es dort selten.

Der Garten der Virginia Woolf

„Bis 1926 waren die Lebensumstände in Monk’s House so primitiv, wie es sich der an heutigen Komfort gewöhnte Mensch in keiner Weise vorstellen kann. […] Sehr schnell erklärte Leonard den Garten zu seinem Reich.“

Das schreibt Caroline Zoob in ihrem Buch „Der Garten der Virginia Woolf“, das für Leserinnen, die mit Virginia Woolfs Leben und Werk noch nicht vertraut sind, ebenso interessant ist, wie für Bewunderer englischer Gartenkultur oder Woolf-Kenner*innen. Zoob lebte mit ihrem Mann von 2000 bis 2001 in Monk’s House. Sie waren verantwortlich für das Anwesen mit dem großen Garten, den Leonard Woolf im Laufe der Jahre angelegt hat.

Das großformatige Buch mit Fotos von Caroline Alber erzählt die Geschichte von Monk’s House, beginnend mit dem Einzug der Woolfs am 1. September 1919. Neben dem Garten nehmen biografische Details und das Werk Virginia Woolfs einen angemessenen Raum in diesem Buch ein. Die schönen Fotos werden ergänzt durch historische Aufnahmen (wir sehen Virginia Woolf im Gespräch mit dem Ökonomen John Maynard Keynes), Gartenskizzen, Zeichnungen, Gemälde und Zitate mit Gartenbezug aus den Tagebüchern Virginia Woolfs. Im Anhang gibt es ein Literaturverzeichnis, einen Zitatennachweis und Gartenpläne von 1919 und 1932.

Caroline Zoob: Der Garten der Virginia Woolf„L. kümmert sich um die Rhododendren.“

Dies ist der letzte Satz in Woolfs Tagebüchern am 24. März 1941, bevor sie sich Steine in ihre Taschen füllte und sich am 28. März in dem Fluss Ouse ertränkte, der nur ein paar hundert Meter an Monk’s House vorbeifließt. Die furchtbaren Depressionen, an denen sie litt, hatten gesiegt. Ihre Urne wurde, ebenso wie später die ihres Mannes, im Garten von Monk’s House beigesetzt.

Wir haben Monk’s House im Mai 2017 besucht und waren ehrlich gesagt etwas enttäuscht vom Zustand des Gartens und des Hauses. Wir nehmen aber an, dass der National Trust, dem das Anwesen seit 1980 gehört, dieses literarhistorische so bedeutende Anwesen zwischenzeitlich wieder in einen würdigeren Zustand versetzt hat.

Buchinformationen

Caroline Zoob, Caroline Arber (Fotos)
Der Garten der Virginia Woolf
übersetzt von Claudia Arlinghaus
2013, Deutsche Verlags-Anstalt, München
ISBN: 978-3421039378
nur noch antiquarisch

Virginia Woolf
Gesammelte Werke in Einzelausgaben
als Taschenbücher im S. Fischer Verlag
Herausgeber Klaus Reichert
Link zu den Titeln

Als Einstieg in die Tagebücher:

Virginia Woolf
Schreiben für die eigenen Augen –
Aus den Tagebüchern 1915 – 1941
Herausgegeben von Nicole Seifert
Übersetzt von Maria Bosse-Sporleder, Claudia Wenner
FISCHER Taschenbuch
ISBN: 978-3-596-90457-0

Website der Virginia Woolf Society Great Britain

Die Virginia-Woolf-Gartenpostkarte

„Den ganzen Tag Unkraut gejätet [...]“ Virginia Woolf, Schöne Postkarte Nr. 2 © www.schoenepostkarten.de

„Den ganzen Tag Unkraut gejätet […]“ Virginia Woolf · © www.schoenepostkarten.de

N.K. | C.K.

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2 Kommentare

  1. Liebe Corinna, lieber Norbert,

    zunächst wünsche ich Euch ein gutes, gesundes, gelingendes, glückliches neues Jahr.

    Bei diesem Eintrag „muss“ ich förmlich auf einen Film hinweisen, den ich sehr besonders finde: „The Hours – Von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (Original „The Hours“), basierend auf dem bis dahin als unverfilmbar geltenden, gleichnamigen Roman von Michael Cunningham.
    Virginia Woolf wird von Nicole Kidman verkörpert (Oscar für die beste Hauptdarstellerin), sie und ihr Roman „Mrs. Dalloway“ spielen eine wesentliche Rolle. Von Euch oben erwähnte Themen wie der Garten, ihr Ehemann, das Hadern mit ihrer Krankheit und die Hilflosigkeit sind Bestandteile des Films. Er zeigt zwei weitere Frauen in anderen Zeitebenen, die jeweils eine Verbindung zu „Mrs. Dalloway“ haben. Alle drei Erzählstränge werden kunstvoll verflochten parallel erzählt und ich finde die Zeit- und Szenenwechsel sehr gelungen.
    Außerdem spielt Meryl Streep eine der drei Hauptrollen* und die Filmmusik von Philipp Glass entwickelt einen ganz eigenen, hypnotisch-fließenden Sog.
    Der Film endet mit dem Freitod von Virginia Woolf und den letzten Worten ihres Abschiedsbriefes an ihren Mann, die Buch und Film den Namen geben:
    „Always the years between us. Always the years. Always the love. Always the hours.“

    Obwohl sehr schwere Lebensthemen verhandelt werden, empfinde ich den Film nicht als deprimierend. Das Ende lässt mich jedesmal mit einer Art Dankbarkeit und Demut und mit einem übergroßen „Ja“ zum Leben zurück. Das finde ich bemerkenswert und kenne es noch von zwei anderen Filmen des Regisseurs Stephen Daldry: „Billy Elliot“ und „Extrem laut und unglaublich nah“.

    Bei Interesse kann ich Euch die DVD gerne ausleihen.

    Herzliche Grüße am Sonntagabend,
    Katrin

    * Es kann also gar kein schlechter Film sein – habe ich erwähnt, dass ich bekennender Meryl Streep-Fan bin…?

  2. Virginia Woolf liebte nicht nur ihren Garten incl. Unkraut, sie hatte offensichtlich auch viel Humor. Ein Bespiel dafür ist der sogenannte Deadnought Streich, bei dem sich V.W. mit ein paar Feunden als verkleidet und bemalt als abessinische fürstliche Diplomaten ausgaben – mit Erfolg – und ein Kriegsschiff besichtigten. Kann man bei Wikipedia nachlesen, ein Foto gibt es dazu auch. Das erschien dann im Daily Mirror
    Viele Grüße
    Inge Simon

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