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Plastik: ein Buch

Plastik ist nicht nur im Meer ein Problem, sondern auch im Boden und in der Luft.

Plastik ist nicht nur im Meer ein Problem, sondern auch im Boden und in der Luft.

Plastik: Ein lesenswertes Buch

„Die Geschichte der Kunststoffe erzählt auch von dem, was die Menschen über Jahrhunderte antreibt. Es ist die Neugier.“

Das schreibt Pia Ratzesberger in ihrem Buch „Plastik“, das vor wenigen Wochen in der Reclam-Reihe „100 Seiten“ erschienen ist. Die Autorin, die sich als Redakteurin bei der Süddeutschen Zeitung u.a. mit neuen Formen des Wirtschaftens und dem Problem Plastikmüll befasst, setzt sich auf 100 informativen und flüssig geschriebenen Seiten differenziert mit dem Werkstoff Plastik auseinander. Wobei sie sich klar gegen eine einseitige Verdammung von Plastik ausspricht. Aber klar ist auch: Plastikmüll ist ein Riesenproblem.

„Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schätzen, dass wir bislang mehr als acht Milliarden Tonnen Kunststoff auf der Erde produziert haben und mehr als sechs Milliarden Tonnen davon zu Müll wurden.“

Reste von Kunststoff findet man heute auf dem Meeresboden ebenso wie auf den höchsten Bergen oder in der Luft. Plastik ist überall.

Eine Million Plastikflaschen pro Minute

Aber was ist das eigentlich genau, Plastik? Und wer hat’s erfunden? Und wie können wir vernünftig mit diesem so vielseitigen Werkstoff umgehen? Darüber klärt uns die Autorin in sechs Kapiteln auf. Das erste Kapitel heißt „Müll“, und dort lernen wir, dass das Wort Plastik vom griechischen Wort „plássein“ abstammt; das bedeutet bilden und formen. Denn das ist ja das Faszinierende an Plastik, man kann so viel damit machen. Klasse ist auch, dass Plastik ziemlich robust und langlebig ist, und damit ist Ratzesberger gleich beim Problem. Eine Plastiktüte braucht 10 bis 20 Jahre, bis sie sich aufgelöst hat. Ähnlich ist es bei Plastikflaschen. „Trotzdem werden jede Minute auf der Welt wieder eine Million Plastikflaschen verkauft.“ Kaum vorstellbar, oder?

Bis diese achtlos weggeworfene Plastikgießkanne verrottet, vergeht viel Zeit. Am Ende ist das Mikroplastik dann im Boden und im Grundwasser.

Bis diese Plastikgießkanne verrottet, vergeht viel Zeit. Am Ende ist das Mikroplastik im Boden und im Grundwasser.

Mit den Gefahren des Plastikmülls befasst sich das zweite Kapitel ausführlich. Hier kommen Wissenschaftler*innen verschiedener Fachrichtungen zu Wort, wobei der Ton sachlich bleibt und nicht alarmistisch wird, auch wenn die Fakten zum Teil sehr bedenklich sind. Klar ist, wir müssen alle bewusster mit Plastik umgehen.

Im dritten Kapitel erzählt uns Ratzesberger die Geschichte des Kunststoffs, die „immer auch die Suche nach dem großen Geld und nach einem billigeren Material“ ist. Hier gibt es auch ein kleines Lexikon der Kunststoffe, Plastik ist schließlich nicht gleich Plastik.

Mülltrennungs-Weltmeister

Um Plastikmüll und den Weg des Recycling geht es im vierten Kapitel. Auch hier machen manche Fakten staunen. Wussten Sie, dass in Europa jedes Jahr rund 25 Millionen Tonnen Plastikmüll anfallen? Davon wird grade mal ein Drittel recycelt, ein Drittel lagert auf Deponien, der Rest wird verbrannt. Und auch wir Deutschen, die selbsternannten Mülltrennungs-Weltmeister, sind meilenweit von einer guten Plastik-Kreislaufwirtschaft entfernt. Fazit zum Thema Plastikmüll der Autorin hier:

„Die Wirtschaft muss sich darum kümmern, die Politik muss die richtigen Anreize setzen, und das Recycling von Kunststoffen muss besser erforscht werden.“

Denn wir können in Zukunft nicht mehr davon ausgehen, dass andere Länder unseren Plastikmüll aufnehmen, wie dies zum Beispiel China jahrelang praktiziert hat. Aus den Augen, aus dem Sinn: das wird nicht mehr funktionieren.

Plastik vermeiden, wo es möglich ist

Plastik: Ein lesenswertes Buch von Pia Ratzesberger, Reclam 2019

Nur fürs Foto in Plastik verpackt! Das Buch kam nackt.

Am Ende stellt uns Pia Ratzesberger Menschen vor, die sich beruflich mit Plastikmüllvermeidung und Plastiverpackungen befassen, und sie klärt auf, wie wir Plastik vermeiden können. Gerade jetzt in der Weihnachtszeit, wo besonders viel eingekauft wird, keine schlechte Idee, oder? Hier die vorab drei Tipps:

  • Hinsetzen statt hetzen: möglichst auf Essen und Trinken to go verzichten.
  • Nackt einkaufen: nein, nicht Sie, sondern möglichst unverpackte Waren mitnehmen
  • Waschen wie Oma: Festseifen, Festdeos usw..

Fazit: Es wird nicht ohne Kunststoff gehen in unserer Welt, aber wir können selbst viel dazu beitragen, durch bewussten Konsum Kunststoffmüll zu vermeiden. Weniger ist beim Plastik nämlich wirklich mehr!

Buchinformation

Pia Ratzesberger
Plastik
Broschiert, 100 Seiten, 10,00 Euro
ISBN: 978-3-15-020551-8
Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Stuttgart, 2019

Die Plastiktüte: Eine sehenswerte Ausstellung

Die Geschichte der Plastiktüte (oder auch Plaschtig-Gugg, wie wir hier sagen) beginnt in den 60er Jahren. Lange Zeit ist es eine Erfolgsgeschichte. Im Jahr 2000 wurden allein in Deutschland sieben Milliarden Plastiktüten verbraucht. Aber 2020 wird Schluss sein mit der Plastiktüte im großen Stil. Grade eben hat die Bundesregierung das Verbot beschlossen.

Wer sich für die Geschichte der Plastiktüte interessiert, sollte einen Ausflug ins schwäbische Waldenbuch planen. Im Museum der Alltagskultur läuft dort noch bis 3. Juli 2020 einen sehenswerte Ausstellung mit den schönen Titel „Adieu Plastiktüte!“. Die Ausstellung zeigt die Plastiktüte in allen Facetten: ihre guten Seiten, aber auch ihre schlechten. Dabei zeigt sich: die Plastiktüte ist auch ein Kulturgut. Alle Infos zur Ausstellung im Schloss Waldenbuch finden Sie hier. Claudia Henzler hat in der Süddeutschen Zeitung einen ausführlichen Bericht zur Ausstellung geschrieben, online hier zu lesen.

Schönes Wochenende!

N.K. | C.K.

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