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Freitagsfoto: Der Garten im Winter

Zauberhaft auch im Winter: Englischer Garten in Aylesford, Kent.

Zauberhaft auch im Winter: Englischer Garten in Aylesford, Kent.

Manchem Ende wohnt ein Zauber inne
Nun ist dieses Gartenjahr schon wieder fast vorbei. Seit Wochen schon übertönen die sinnlosen Laubbläser jedes Vogelzwitschern mit ihrem ohrenbetäubendem Krach. Und gerade bekomme ich eine E-Mail von den Staudenmädchen in Tübingen, die ihren wohlverdienten Winterschlaf (bis 28. Februar 2017) ankündigen. Andererseits, diese Ruhephase hat auch was für sich. Ein Garten im Herbst oder im Winter hat einen wohltuend melancholischen Charme, und wir dürfen einen Gang runterschalten.

Verwelkte Schönheit
Stauden muss man übrigens im Herbst nicht unbedingt komplett zurückschneiden, sagen die Staudenmädchen. Warum? Weil der Anblick verwelkter und verdorrter Stauden ästhetisch und inspirierend zugleich ist (siehe Foto da oben und Rilkes Blaue Hortensie), vor allem aber weil das alte Laub die Pflanze im Winter schützt, und weil die verwelkte Pflanze Insekten und anderen Kleinlebewesen Platz zum Überwintern bietet.

Apropos Hortensie

Vor ein paar Monaten habe ich in der Süddeutschen gelesen, dass die Hortensie (Hydrangea) auf Naturdrogenfans eine große Anziehung ausübt. Es hält sich bei diesen „Bio-Drogisten“ das Gerücht, die Hortensie habe Bestandteile, die in Verbindung mit Tabak eine ähnliche Wirkung wie Cannabis hätten. Ausgemachter Blödsinn, so das LKA Rheinland-Pfalz.

Mein Vorschlag satt dessen: Gut eingepackt im Garten einen wärmenden Islay-Malt genießen und sich von den Briefen der beiden berühmten englischen Gärtner Beth Chatto und Christopher Lloyd inspirieren lassen. Dear Friend and Gardener heißt das schöne Buch. Eine Leseprobe gibt es hier online. Prädikat lesenwert, nicht nur für Gartenfreunde.

Infos zum Buch

Beth Chatto, Christopher Lloyd: Dear Friend and Gardener!
DVA Random House, 2013.
ISBN: 978-3-421-03887-6

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To C, gardener in a garden on a hill

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The Garden

We had a garden on a hill,
We planted rose and daffodil,
Flowers that English poets sing,
And hoped for glory in the Spring.

We planted yellow hollyhocks,
And humble sweetly smelling stocks,
And columbine for carnival,
And dreamt of Summer’s festival.

And Autumn not to be outdone
As heiress of the summer sun,
Should doubly wreathe her tawny head
With poppies and with creepers red.

We waited then for them to grow,
We planted wallflowers in a row.
And lavender and borage blue, –
Alas! we waited, I and you, –
But love was all that ever grew.

aus: Vita Sackville-West: Poems of West & East, 1917

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Freitagsfoto: „Vernunft, Freiheit und die unsichtbare Kirche“

Schauet still ins Tal hinab: Wurmlinger Kapelle St. Remigius. Ohne Photoshop!

Schauet still ins Tal hinab: Wurmlinger Kapelle St. Remigius. Ohne Photoshop!

Hölderlin, Hegel, Schelling
Große Geister haben sich schon von Tübingen in Richtung Wurmlinger Kapelle aufgemacht. Es ist ein schöner Spaziergang auf dem Rücken des Spitzbergs, vom Tübinger Schloss aus schafft man es leicht in eineinhalb Stunden. Auch die drei Stiftler Hölderlin, Hegel und Schelling sind diesen Weg schon gewandert. Im Jahr 1772, so schrieb der Tübinger Schriftsteller und Journalist Kurt Österle vor Jahren in der Süddeutschen Zeitung, sollen sie, beflügelt von der Französischen Revolution, die Parole „Vernunft, Freiheit und die unsichtbare Kirche“ von der Kapelle hinunter gerufen haben. Adressat, so Österle, war Herzog Carl Eugen. Den lesenswerten Artikel über die Spuren Hölderlins in Tübingen kann man auf der Homepage von Kurt Österle runterladen.

Den bekanntesten Text über die Kapelle hat wahrscheinlich Ludwig Uhland (1787–1862) geschrieben:

Die Wurmlinger Kapelle
Droben stehet die Kapelle,
Schauet still ins Tal hinab,
Drunten singt bei Wies und Quelle
Froh und hell der Hirtenknab.

Traurig tönt das Glöcklein nieder,
Schauerlich der Leichenchor;
Stille sind die frohen Lieder,
Und der Knabe lauscht empor.

Droben bringt man sie zu Grabe,
Die sich freuten in dem Tal.
Hirtenknabe, Hirtenknabe!
Dir auch singt man dort einmal.

P.S. „Vernunft, Freiheit und die unsichtbare Kirche“, davon kann man in Zeiten religiöser Fanatiker, verblendeter Verschwörungstheoretiker und demagogischer Vereinfacher gar nicht genug haben.

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