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Fotokunst in Tübingen: spannend entspannend!

Untitled (Palast) 56, Thomas Florschuetz, 2006. Quelle: www.artnet.de

Untitled (Palast) 56, Thomas Florschuetz, 2006. Quelle: www.artnet.de

11 Minuten sind kein Tag
Durchschnittlich 11 Minuten, so las ich neulich in der Süddeutschen, kann man sich an einem durchschnittlichen Büroarbeitsplatz mit einer mehr oder minder durchschnittlich wichtigen Sache beschäftigen, bevor irgendeiner kommt und meint, er müsse einen wegen etwas noch viel Durchschnittlicherem unterbrechen. Das geht dann mit den Unterbrechungen so die nächsten 25 Minuten, bis man wieder 11 Minuten Zeit hat, da weiterzumachen, wo man zwangsweise aufgehört hat: z. B. auf dem Laptop eine 80seitige PowerPoint-Präsentation zusammenzunageln. Kein Wunder, dass in letzter Zeit immer mehr Leute den Horst machen und mal eben weg sind. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, ich bin für dieses fragmentierte Dasein nicht geschaffen und für’s permanente Multitasking schon gar nicht. Forscher befürchten deswegen sogar eine Verwahrlosung unseres Stirnlappens, schreibt die FAZ in einem sehr lesenswerten Artikel..

Untitled (Valkyrie), 2007-2008, Thomas Florschuetz. Quelle: http://www.artnet.de

Untitled (Valkyrie), 2007-2008, Thomas Florschuetz. Quelle: http://www.artnet.de

Kunstvoll abschalten
Mein Tipp, wenn Sie mal für 1-2 Stunden aussteigen wollen: Handy aus, Laptop aus und ab in die Kunsthalle Tübingen. Dort läuft nämlich noch bis 26. September eine ganz ausgezeichnete Ausstellung mit Fotografien von Thomas Florschuetz. Allein die großformatigen Werke über den verfallenden Palast der Republik kurz vor dem Abriss lassen einen staunen über Licht- und Linienführung von Florschuetz. Und bei den vor sich hin verrottenden ausgedienten Kampfjets und Hubschraubern, frage ich mich dann schon, was bleibt von unserem permanenten Gewusele.

Untitled (Brasilia) 05, 2008, Thomas Florschuetz. Quelle: http://www.artnet.de

Untitled (Brasilia) 05, 2008, Thomas Florschuetz. Quelle: http://www.artnet.de

Gehen Sie hin, es lohnt sich. Ich wünsche Ihnen jetzt schon genussvolle Momente und schöne Ferien!

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Photoshop oder die Angst vor dem Unverfälschten

Links Obama allein am Strand. Rechts das ganze Foto von Larry Downing/Reuters.

Links Obama allein am Strand. Rechts das ganze Foto von Larry Downing/Reuters.

Spätestens seit Barack Obamas Wahlkampf 2.0 wissen wir, wie sehr dem amerikanischen Präsidenten bzw. seinen Beratern daran gelegen ist, die ihrer Meinung nach korrekte Sicht auf die Welt und die entsprechenden Bilder dazu zu verbreiten. Kaum anzunehmen, dass die PR-Leute von Obama das beliebte Bildbearbeitungsprogramm Photoshop nicht auf ihren Rechnern haben.

Die Kontrolle der Bilder ist ja gerade in der Politik häufig wichtiger als die Inhalte der derselben. Frau Merkel will nur aus ganz bestimmten Winkeln fotografiert werden, Sarkozy lässt Hüftspeck wegmachen und möchte bitte schön niemanden neben sich haben, der größer ist und Schröder legte, wie wir ja alle wissen, sehr viel Wert auf die korrekte Beurteilung seiner Haarpracht.

Retusche wie geschmiert: Obama am Ölstrand
Nun ist Obama selbst Opfer einer manipulativen Darstellung geworden. Das renommierte britische Wirtschaftsmagazin „The Economist“ hat vor einigen Tagen mit einem Coverfoto aufgemacht, das einen einsamen, nachdenklichen Obama an einem Strand zeigt, im Hintergrund unscharf wahrscheinlich eine Ölplattform. So weit so schön.

Gar nicht schön findet das Economist-Cover allerdings der Reuters-Fotograf Larry Downing. Auf seinem Originalbild war Obama nämlich im Gespräch mit dem Chef der US-Küstenwache Thad W. Allen und der Lokalpolitikerin Charlotte Randolph aus Louisiana. Nimmt man nun noch die Headline dazu „Obama v BP“ (Obama gegen BP), und das vor dem Hintergrund, das die US-Regierung seit dem Unglück nur noch von British Petrol spricht und nicht mehr nur von BP, (schon gar nicht von Beyond Petrol) dann wird aus dem Cover eine klare Aussage über die politischen Spannungen zwischen Washington und London im Zuge der Ölkatstrophe.

Retusche und Manipulation
Das Wort Retusche kommt aus dem Französischen (retouche=Nachbesserung). Gemeint war damit ursprünglich das manuelle Entfernen von Schmutz und Flecken von einer Oberfläche oder eines Fotos. Heute fallen darunter Belichtungskorrekturen (Aufhellen) oder das Entfernen von Staubflecken auf dem digitalen Negativ etc.

Das Entfernen von Personen auf Fotos, die Veränderung des fotografierten Inhalts, der ja immer die subjektive Realität des Fotografen widerspiegelt, ist die Fotomanipulation. Manche sagen auch verharmlosend Aufhübschen dazu. Heute kann man davon ausgehen, dass die Coverfotos der meisten Magazine, die uns jeden Tag die Stars und Sternchen zeigen, ohne ausgiebige Retusche/Manipulation nicht auf die Druckmaschinen kommen. Einer der Meister dieses Fachs ist Pascal Dangin, der für große Marken und Magazine arbeitet und an seiner Tätigkeit nichts Schlimmes findet, zu lesen in einem interessanten Interview in der Weltwoche.

«Man muss wissen, dass jedes Bild manipuliert wurde»: Pascal Dangin, Louis-Vuitton-Werbung mit Francis Ford und Sofia Coppola, Ausstellung von Patrick Demarchelier, Fotografie von Philip-Lorca diCorcia (im Uhrzeigersinn). Bilder: Boxstudios, Louis Vuitton, Boxstudios, Philip-Lorca diCorcia. (Quelle: weltwoche.ch)

«Man muss wissen, dass jedes Bild manipuliert wurde»: Pascal Dangin, Louis-Vuitton-Werbung mit Francis Ford und Sofia Coppola, Ausstellung von Patrick Demarchelier, Fotografie von Philip-Lorca diCorcia (im Uhrzeigersinn). Bilder: Boxstudios, Louis Vuitton, Boxstudios, Philip-Lorca diCorcia. (Quelle: weltwoche.ch)

Fotos in der Industriegüterwerbung
Was für die Modebranche und die Hochglanzmagazine gilt, nimmt auch im Bereich der Industriegüterwerbung mittlerweile überhand. Die Titelfotos der einschlägigen Fachzeitschriften werden auch, häufig auf nachdrücklichen Wunsch der Kunden, aufgehübscht, retuschiert, manipuliert. Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir aufgrund der unablässig strömenden Flut der makellosen, oft dadurch leblosen Bilder gar nicht mehr in der Lage sind, unretuschierte, unmanipulierte Fotos zu „ertragen“. Gerade so als ob die Realität, das Authentische eigentlich nicht gut genug ist. Ist das so?

Unten sehen Sie zwei Fotos, die wir für Kunden gemacht haben und die unbearbeitet veröffentlicht wurden. Was meinen Sie? Hätte man diese Fotos in der Retusche noch „aufhübschen“ müssen?

Nicht manipuliert: Foto von HPC-Fräser von Wunschmann (www.wunschmann.de). Quelle: www.kraas-lachmann.com

Nicht manipuliert: Foto von HPC-Fräser von Wunschmann (www.wunschmann.de). Quelle: www.kraas-lachmann.com

Echt und aus der Fertigung. Mitarbeiter der HAAS Schleifmaschinen GmbH. (www.multigrind.com). Quelle: www.kraas-lachmann.com.

Echt und aus der Fertigung. Mitarbeiter der HAAS Schleifmaschinen GmbH. (www.multigrind.com). Quelle: www.kraas-lachmann.com.

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Ein Ball sagt mehr als 1000 Worte

update 19.9.2011: Im SZ-Magazin online gibt’s ein Kurzinterview mit Jessica Hilltout.

Domingo's Ball, Mozambique. Foto: Jessica Hilltout. www.jessicahilltout.com

Domingo's Ball, Mozambique. Foto: Jessica Hilltout. www.jessicahilltout.com

„Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better.“
Keine Ahnung, ob unsere Fußballer in Südafrika Samuel Beckett in der Hotel-Bibliothtek haben, das Zitat passt aber nach der Niederlage gegen Spanien ganz gut. Beckett geht es ums Aufstehen nach dem Scheitern, um die Hoffnung und den festen Glauben, dass es beim nächsten Mal besser wird. Scheitern gewissermaßen als positiv gedachtes Lebensprinzip, weil es eben „die“ Perfektion nicht gibt. Auch wenn uns das die Werbung und die Medien immer wieder suggerieren wollen: die perfekte Rasur, der perfekte Waschbrettbauch, der perfekte Busen, das perfekte Promidinner und so weiter und so weiter.

Nur Fußball
Ein bisschen Demut würde auch in der Kommunikation nicht schaden. Beckett selbst war übrigens unglaublich bescheiden und zurückhaltend und, auch das ist bekannt, in der Jugend ein begeisterter Sportler. Peter Handke soll ihn später mal gefragt haben, ob er fernsehe. Beckett: „Nur Fußball.“ Darauf Handke: „Beckett, das finde ich prima.“

Beira, Mozabique. Foto: Jessica Hilltout. www.jessicahilltout.com

Beira, Mozabique. Foto: Jessica Hilltout. www.jessicahilltout.com

Der Ball ist rund – aber nicht immer
Zurück zum Ball. Im New York Times Fotoblog habe ich vor ein paar Tagen von einem ganz wunderbaren Fotobuch gelesen. „Amen: Grassroots Football“ heißt es, und gemacht hat es die belgische Fotojournalistin Jessica Hilltout. Mit ihrer alten 1978er Hasselblad hat sie das Thema Fußball in Afrika auf ganz besondere Weise umgesetzt. Es sind Bilder, die anrühren: Bilder von selbst hergestellten Fußbällen und Fußballtoren, Bilder von Kindern, die keinen offiziellen Jaboulani-FIFA-WM-Ball für 100 Euro haben und denen Sepp Blatters Bannmeilen um die Stadien in Südafrika so was von egal sind. In „Amen: Grassroots Football“ geht es um das Spiel, um echte Leidenschaft und Begeisterung.

Sambos Sock, Burkina Faso. Foto: Jessica Hilltout. www.jessicahilltout.com

Sambos Sock, Burkina Faso. Foto: Jessica Hilltout. www.jessicahilltout.com

Für das Projekt hat Jessica Hilltout 10 afrikanische Länder besucht, mit dem Ziel, die Leidenschaft der Afrikaner für den Fußball einzufangen. Aber es ist nicht nur ein Buch über Fußball, wie sie selbst sagt: „This is not just a book about football or indeed Africa. It tries to capture the beauty and strength of the human spirit.“ Chapeau!

Pacasse, Mozambique. Foto: Jessica Hilltout. www.jessicahilltout.com

Pacasse, Mozambique. Foto: Jessica Hilltout. www.jessicahilltout.com

Ergänzung: 8.7.2010: Es gibt von Jessica Hilltout auf Vimeo ein paar nette Minifilme zu ihrem „Amen-Projekt“. Das ist einer davon:

Isaac makes a ball from THE AMEN PROJECT on Vimeo.

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Die Männer von La Mannschaft

Unsere Jungs in Südafrika sind gerade dabei, eine Imagekamapagne umzusetzen, die jede „Wir-sind-Deutschland-Kampagne“, oder was es da sonst noch an wahnsinnig Kreativem so gab, in den Schatten stellt. Und jetzt wird auch noch auf der ARD gerappt (oder schreibt man gerapt?). Ich bin beeindruckt:

Quelle: http://blumentopf.nbsp.de/default.asp. Gibt’s auch hier: http://www.sportschau.de/sp/fifawm2010

Die Jungs von La Mannschaft
Wissen Sie, wie man die Deutschen jetzt in Spanien oder Frankreich nennt? „La Mannschaft“, sagt man zwischen Barcelona und Gibraltar; und „Ça, c’est une équipe“ titelt L’Équipe, die französische Sportzeitschrift.

Was können wir in Sachen Kommunikation von Özil, Friedrich und Co. lernen? Authentisch, ehrlich und auf erfrischende Art bodenständig bleiben, das wirkt enorm und hat überhaupt nichts spießig Angestaubtes.

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Jetzt wird’s ernst

Einfach nur klasse! (Quelle: titanic-magazin.de)
Quelle: www.titanic-magazin.de

„Die Worte aus dem Munde des Weisen bringen ihm Gunst; aber des Toren Lippen verschlingen ihn selber.“
So steht’s im fünften Kapitel vom Prediger Salomo (Kohelet). Und genau diesen Eindruck hat man besonders bei den Toren der One-trick-Pony-Partei, die immerhin mal wirklich große Liberale wie Lord Ralf Dahrendorf zu den ihren zählen durfte. Heute setzt man dort auf Gorillas im Niebel.

Dank an Titanic für die geniale Bild-Wort-Kombination.

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Vom Aussterben bedroht: Schreibmaschinen

Blick in Schreibmaschinenwerkstatt. Foto: Jon Snyder/Wired.com
Blick in Schreibmaschinenwerkstatt. Foto: Jon Snyder/Wired.com

Erinnert sich noch jemand wie das war, gefühlte Jahrzehnte ist das her, als Texte noch mit der Schreibmaschine getippt wurden? Meine ersten Hausarbeiten und Referate an der Uni habe ich auf einer Gabriele 5005 (mit Korrekturband!!!) getippt, und zwar „nachdem“ ich diverse Rohfassungen mit der Hand zu Papier gebracht hatte. Heute stellen Orthopäden bei Kindern und Jugendlichen enorm verbesserte Daumenbeweglichkeit fest, SMS sei dank. Doch zurück zur Schreibmaschine.

Andrian Kleye verdanke ich den Hinweis auf eine wunderschöne Reportage über die letzten Werkstätten für Schreibmaschinen. Sehr lesenswert und zu finden auf WIRED, dem amerikanischen Kultmagazin rund ums Internet, Design, etc.

Der große Graphiker und Typograph Kurt Weidemann schreibt übrigens immer noch mit der Hand, weil er der Meinung ist, dass er schneller keine vernünftigen Gedanken und Ideen produzieren kann.

Ehrlich gesagt, so geht’s mir auch oft, und dann fühle ich manchmal wie in dem Song von Loudon Wainright III: The Last Man on Earth. Unbedingt hörenswert.

Schönes Wochenende und wenn’s hektisch wird: einfach mal einen Gang runterschalten. Die Welt wird sich trotzdem weiterdrehen.

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Schland oh Schland, wir sind Özil!

Ergänzung 16.6.2010

Denk ich an Schland in der Nacht, bin ich um den Humor gebracht.”. So würde Heine heute vielleicht dichten, wenn er das Theater um den witzigen WM-Cover-Song von Uwu Lena mitbekäme. Die beiden Autoren von Lenas seichtem Grand-Prix-Sieger-Liedchen fühlten sich verballhornt und wollten mal schnell alle Schland-Videos vom Netz nehmen lassen. Hoho. Hier ist das Video also wieder. Viel Spaß.

Nachdem ja die Schlagzeile „Wir sind Papst“ nicht mehr so gut geht, wird’s Zeit für „Wir sind Özil“. „Gut, dass wir den Mesut Özil haben“, meinte nämlich unser Sohn Henry, als er am Sonntagabend nach dem 4:0 mit Puls 180 ins Bett musste. Ja, ich finde es auch klasse, dass wir den Özil haben, und den Cacau, und den Khedira. Zumindest im Fußball scheint Integration zu klappen.

Und auch mit dem Humor und der Ironie klappt es bei uns Deutschen bisweilen besser als gedacht. Ich bin begeistert von der Lena Meyer-Landrut-Coverfassung „Schland oh Schland“, auf die mich die SZ aufmerksam gemacht hat. Viel besser als das Original, auch wenn die junge Frau ein kleines Phänomen ist.

Und wissen Sie, was ich auch interessant finde? Die Zwangsehe von CDU/FDP/CSU fällt allmählich auseinander, Deutschland wird praktisch nicht mehr vernünftig regiert, alles in Berlin quakt durcheinander und trotzdem läuft der Laden einigermaßen. Kann es sein, dass Politiker sich viel zu wichtig nehmen und wir Bürger die Politiker manchmal viel zu ernst?

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Eigentore in der Kommunikation

Schmierige Kommunikation
Beyond petroleum. Mit diesem griffigen, zukunftsweisenden Slogan versuchte sich BP seit Jahren mit einer enorm teuren Kommunikationskampagne ein grünes Image zu verpassen. Greenwashing heißt das unter Marketing- und PR-Leuten. Dabei war das Umsatz-Geschäft mit erneuerbaren Energien für BP immer nur „peanuts“. Die grüne Kampagne, die das Ganze vermarkten sollte, ließ sich BP jedoch mehr als 150 Mio. US-Dollar kosten, so schätzen Experten. Sie erweist sich jetzt als reiner PR-Gag ohne Fundament. (siehe auch Deutschlandfunk) Kommunikation derart betrieben bringt nicht nur Industrieunternehmen, sondern auch unsere Kommunikationsbranche in Verruf.

Beyond Petrol. Greenwashing at its best. Quelle: http://www.onlinebp.de

Aber wahrscheinlich verdienen sich die Kommunikationsprofis der „Grünen Story“ jetzt mit der Krisen-PR von BP, nein keine ölige Nase, sondern eine goldene. Geschätzte 50 Mio. US-Dollar hat BP bis jetzt in PR-Maßnahmen (Anzeigen, TV etc.) rund um die kaum fassbare Katastrophe im Golf von Mexiko gesteckt. 10 Mio. haben bisher die Fischer und Kleinunternehmer bekommen, für deren Existenzgrundlage es bereits fünf nach zwölf ist.

Schmierentheater ohne Ende. BP im Golf. (Quelle: www.huffingtonpost.com)

Schmierentheater ohne Ende. BP im Golf. (Quelle: www.huffingtonpost.com)

Echt bleiben statt Schmierentheater
Mal ehrlich, die schöne grüne Kampagne von BP war doch blanker Schwachsinn, weil sie am Kerngeschäft des Öl-Multis komplett vorbeiging und jetzt als Bumerang voll zurückschlägt. Tolle Kommunikationsarbeit, oder?

Authentisch bleiben, Haltung zeigen und eine konsequente Linie beibehalten, statt lauwarmem Blabla. Gerne auf unterhaltsame, ironische Art und mit Augenzwinkern. Darauf kommt es für mich in der Unternehmenskommunikation an. Das bringt mich zum nächsten Beispiel und zu der Frage, was uns die Edelmarke Louis Vuitton mit dem wahnsinnigen Genie Maradona sagen will?

Öliger Typ
Pünktlich zur Fußball-WM hat die Luxusmarke Louis Vuitton eine neue Imagekampagne gestartet, die mir heute Morgen in der SZ auffiel. Wir sehen Pelé, Zidane und den Castro-Intimus Maradona am Tischkicker. Headline: „Drei außergewöhnliche Lebenswege. Ein legendäres Spiel.“

Die Hand Gottes in der aktuellen Vuitton-Kampagne. (Quelle: horizont.net)Die Hand Gottes. Quelle: www.horizont.net

Keine Frage, alle drei begnadete Kicker und außergewöhnliche Typen. Vor allem der ölige Maradona, der mit seiner Alkohol-, Drogen-, Fress- und Großmannssucht eine Herausforderung für jeden Therapeuten wäre. Selbst der Máximo Líder konnte ihn schließlich nicht nachhaltig auf den rechten Weg bringen. Der größte Gegner der Argentinier bei der WM sei der eigene Trainer, schreiben die Gazetten unisono. Ob Maradona als Vorbild taugt, daran darf gezweifelt werden. Ich hätte ihn für dieses Shooting nicht gecastet.

Wen hätten Sie als dritten Mann statt Maradona in der Anzeige aufgestellt?

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Moskito oder die menschliche Seite des Fußballs

Das WM-Fieber steigt, nicht nur bei unseren Kindern, denen der Absturz des Euro so was von egal ist, weil ihre einzige Währung zur Zeit Panini-Sammelbildchen heißt.

Fußball als Geschäft
Vor zwei Tagen ist der Bundes-Jogi mit seiner Mannschaft in Südafrika gelandet. Standesgemäß im neuen A 380, als Flugbegleiterin die Sängerin Shakira (kennt die jemand?) und ihr Lebensabschnittspartner, auch standesgemäß: zu zweit alleine in der 1. Klasse. Die Italiener, so lese ich gestern in der Zeitung, bekommen 240.000 Euro pro Mann, wenn sie den Titel holen. Fußball ist ein großes Geschäft, aber nicht immer.

Fußball als Heimat
Fußball hat auch eine andere, eine berührende Seite. Davon zeugt eine bewegende Videoreportage (gesehen auf taz.de) über Carole Machumu, einen 22-jährigen Torwart und Bürgerkriegsflüchtling aus dem Kongo. Machumu lebt heute in Südafrika, wo er sich als Fremder fühlt. Seine einzige „Heimat“ ist die Amateur-Mannschaft von Camps Bay. Hier fühlt er sich aufgenommen, hier fühlt er sich verstanden, und hier teilen der Trainer und seine Mitspieler das Essen mit ihm. Aber sehen Sie selbst:

Soccer for Life Episode 4 – After the war from 2470media on Vimeo.

Fußball als Entwicklungshilfe
Das Video wurde von den Fotografen von 2470media produziert, die gemeinsam mit Viva con Agua de Sankt Pauli die Initative Soccer for Life gegründet haben. Viva con Agua de Sankt Pauli baut Trinkwasseranlagen in Afrika, Lateinamerika und Zentralasien, der Initiator Benjamin Adrion (ein Ex-Profi von St. Pauli) freut sich über Spenden, die zu 100 Prozent Viva con Agua zugute kommen.

Fußball als Buch
Wenn Sie jüngere Kinder haben und noch ein schönes Buch über Fussball und Südafrika suchen, dann empfehle ich Ihnen „Nelson und Mandela: Das Länderspiel“. Sehr witzig, sehr unterhaltsam und lehrreich, aber ohne moralischen Zeigfinger.

Und jetzt „gib mich die Kirsche”. Weiß noch jemand, wer das gesagt hat?

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