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Die Fotografin Doris Rosenkranz und ihr subjektives Objektiv

Photographien von Doris Rosenkranz. Hg. Burkhard Baltzer, Rechteinhaber

Photographien von Doris Rosenkranz. Hg. Burkhard Baltzer, Rechteinhaber

Mein subjektives Objektiv

So hat die Fotografin Doris Rosenkranz (14.5.1927 – 24.10.2014) die Sammlung von 24 Fotos genannt, die ich vor ein paar Tagen per Zufall in der Buchhandlung Wekenmann in Tübingen entdeckt habe. Neugierig gemacht auf die Box mit den 24 Schwarzweiß-Postkarten und einem kleinen Beiheft hat mich die Aussage der Buchhändlerin Helge Noack, Doris Rosenkranz sei unter anderem in Hechingen aufgewachsen. Da spitzt man als gebürtiger Hechinger die Ohren.

Gerade mal zehn Jahre hat Doris Rosenkranz, die 1927 in Tübingen als Doris Rosenfeld zur Welt kam, als Fotografin gearbeitet: von 1950 bis 1960. Viel zu kurz! So schreibt kein geringerer als Wolf Biermann in seiner kurzen Einführung zum Werk von Rosenkranz, der als Tochter assimilierter Juden 1939 mit ihrer Mutter die Flucht in die Schweiz gelang. Dort in der Schweiz macht sie nach dem Abitur eine Lehre als Fotografin, die sie 1955 als Beste abschloss. Schaut man sich heute ihre Fotos an, verwundert es nicht, dass die junge Frau die Ausbildung mit Auszeichnung bestand. Rosenkranz hat ein Auge für Situation und Komposition und besaß die Fähigkeit im »rechten Augenblick« (Cartier-Bresson) auf den Auslöser zu drücken. Wer selbst fotografiert, weiß, dass sich dieser Vorgang in wenigen Sekunden, manchmal nur Sekundenbruchteilen abspielt.

Mein subjektives Objektiv. Photographien 1950 – 1960 von Doris Rosenkranz. Texte von Wolf Biermann und Burkhard BaltzerBiermann sieht Doris Rosenkranz in der Tradition von August Sander und ostdeutschen Fotokünstlern wie Roger Melis oder Helga Paris bzw. Thomas Höpker und Barbara Klemm im Westen. Mich erinnern ihre ausdrucksstarken Fotografien (etwa die Aufnahmen des berühmten Theologen Karl Rahner oder der Ehefrau von Hermann Hesse, Ninon Hesse) auch an die Bilder der schweizerischen Foto- und Verlegerlegende Ernst Scheidegger.

Das Humane berührt

»Die Bilder von Doris Rosenkranz stehen heute für das Humane, das wir vermissen und das uns wohl deshalb so berührt.« So schreibt der in Tübingen lebende Journalist und Kulturveranstalter Burkhard Baltzer, dem wir die Wiederentdeckung der Fotokünstlerin Doris Rosenkranz zu verdanken haben. Schade, dass die Karriere der Künstlerin Doris Rosenkranz nur gut zehn Jahre dauerte. Ab 1961 hat sie als Lehrerin im Hochschwarzwald gearbeitet, wo sie mit ihrem Mann, dem Dichter Moses Rosenkranz, gewohnt hat.

Und falls jetzt hier Hechingerinnen und Hechinger mitlesen: Wäre es nicht schön, man könnte die Postkarten-Box auch in Hechingen im Buchladen erwerben? Und eine Ausstellung mit den Fotos der zum Teil in Hechingen aufgewachsenen Doris Rosenkranz im Weißen Häusle oder in der Villa Eugenia oder in der schönen Hechinger Synagoge würde bestimmt auf reges Interesse stoßen.

NK | CK

Buchinformation

Mein subjektives Objektiv:
Photographien 1950 bis 1960 von Doris Rosenkranz
24 Postkarten in stabiler Box
Texte von Wolf Biermann und Burkhard Baltzer (Hg.)
erhätlich in der Buchhandlung Wekenmann, Tübingen

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