Perfekt
Der Internationale Frauentag ist grade mal ein paar Tage her, da flattert uns diese Anzeige auf den Tisch und preist „Perfektion auf Bayerisch“ an. Damit reiht sich die Anzeige wunderbar in die allgegenwärtige Inflation des Perfekten ein. Alles, einfach alles, ist heute perfekt: Promi-Dinner, Reihen-Sechszylinder, Sex, Spülmittel, Werkzeuge, Wein, Leberkäs-Wecken, berufstätige Mütter, vorlesende Väter, und so fort. 330 Treffer bringt die Datenbank slogans.de zum Suchwort „perfekt“.
Perfekt daneben
Und jetzt auch noch ein bayerisches Dekolleté und bayerische Schleifmaschinen. Mal ganz abgesehen davon, dass hier das Dekolleté eines ganz und gar unbayerisch, ja geradezu nordisch-unterkühlt wirkenden Models à la Jil Sander mit Maschinen gleichgesetzt wird – muss es denn immer perfekt sein? Fällt den Textern nichts anderes mehr ein? Das Wort „perfekt“ kommt im 16. Jahrhundert aus dem Lateinischen perfectus zu uns, Perfektion bezeichnet einen Zustand der absoluten Vollkommenheit. Ein Zustand, der nicht mehr zu verbessern ist, auch nicht von Horst Seehofer, Markus Söder und den anderen perfekten Vorzeigebayern.
Reiz des Un-Perfekten
Oliver Hertwig hat neulich in der SZ darüber nachgedacht, ob wir mit unserem Hang zum Minimalismus und Perfektionismus an einer Art zwanghafter „Krümel-Phobie“ leiden. „Warum sind wir keine Japaner, die im sichtbaren Verfall der Dinge Schönheit erkennen?“, fragt er sich. Den Artikel können Sie hier online lesen.
Gut möglich, dass wir die Perfektion gerade deshalb ständig beschwören müssen, weil wir die Unvollkommenheit um uns herum so schwer aushalten können. Liegt nicht im Scheitern wahre Größe?