Tempi Passati
Blütenfrohe Jugendzeit,
als mein Bauch ein Brett war,
weil die Folge guter Kost
Wachstum und nicht Fett war.
Seit sich das geändert hat,
was nicht gerade nett war,
seufz ich der Verlornen nach,
golden, doch unrettbar
Robert Gernhardt
Hund und Sisyphos
Jeden Morgen in aller Herrgottsfrühe rolle ich meine Gymnastikmatte aus und mache, unter den mitleidigen Blicken unseres Hundes, meine Übungen. Primär bringe ich diese Disziplin für meinen unteren Rücken auf, aber ein bisschen gönne ich mir an manchen Tagen die naive Hoffnung, ich könne so den Alterungsprozess, wenn nicht stoppen, so doch zumindest verlangsamen. Wenn unsere Hündin sprechen könnte, würde sie mir wahrscheinlich sagen, dass man sich den Mann auf der Matte, der da so komische Verrenkungen macht, als glücklichen Menschen vorstellen muss.
Einer der Besten
Vor ein paar Tagen hat mich ein Bekannter auf Twitter mal wieder auf Robert Gernhardt aufmerksam gemacht, der am 13. Dezember 1937 in Tallinn (Estland) zur Welt kam und am 30. Juni 2006 in Frankfurt am Main zu früh verstarb. Volker Weidermann hat den wunderbaren Gernhardt in einem Artikel am 2.7.2006 in der F.A.Z. „als Künstler des hohen Tons und leichten Witzes“ bezeichnet und: „Als einen der besten Dichter, die wir je hatten.“
Dem ist ist nichts hinzuzufügen – außer vielleicht, dass wir alle, gerade in diesen verbissenen, herausfordernden Zeiten, in denen Häme und Hass zu leichtes Spiel haben, viel öfter Gernhardt lesen sollten. Sein Humor und seine klugen Worte, sie fehlen!
NK | CK
Buchempfehlung
Robert Gernhardt
Gesammelte Gedichte 1954 – 2006
FISCHER Taschenbuch, 2017
ISBN: 978-3-596-90659-8