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Mensch, Sie schreiben ja wie…

Also gut, ich geb’s zu, es ist nicht nur ein Vorurteil. Werbetexter sind eigentlich alle der Meinung, dass in ihrem MAC der nächste große Roman des Jahrhunderts schlummert, und wenn man nur mehr Zeit hätte…

Ja, und hat nicht auch der große Erich Maria Remarque (1898-1970) für Conti-Reifen gereimt, bevor er seinen Welterfolg Im Westen nichts Neues geschrieben hat? Er hat, und zwar für die Kundenzeitschrift der „Continental Caoutschuk- und Gutta-Percha Compagnie“, wie das Unternehmen in den goldenen 1920er Jahren noch hieß, lange bevor Maria-Elisabeth Schaeffler auf den Plan trat. Hier also Remarque für Conti:

Wer nicht im Rennen vorne liegt,
Wird abgehängt und bald besiegt, –
So ist’s im Leben und im Zoo,
Und dir mein Freund, geht’s ebenso,
Merkst du dir nicht: Der Schnellste nur
Ist dem Erfolge auf der Spur –
Drum Contireifen aufgezogen,
dann bleibt Fortuna dir gewogen.

Im Bild ist ein Zirkusrund mit fünf Rad fahrenden Affen zu sehen, daher der Zoo in der dritten Zeile. So weit also Remarque. Den Text habe ich aus einem netten Band aus der Stern-Bibliothek mit dem schönen Titel „Wenn Dichter texten“.

Wenn Sie jetzt gerne wissen möchten, an welchen Autor Ihr Stil erinnert, dann gibt es da zwei witzige Webseiten:

Ich schreibe wie, von der FAZ für deutsche Texte
I write like, von Coding Robots

Ich hab’s gerade zwei Mal getestet. Ein Mal mit einem Werbetext, der lt. Software an Goethe erinnert (Ich war schwer beeindruckt!) und ein Mal mit einem Text von Proust, der als Rilke identifiziert wurde (auch lustig).

Ich wünsche Ihnen ein schönes Herbst-Wochenende mit einem guten Buch!

Norbert Kraas

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Schwäbische Hausfrau mit Flammenwerfer?

Schwäbische Hausfrau mit Flammenwerfer?

Schwäbische Hausfrau mit Flammenwerfer? via snowce > via mediaclinique. Bild: Hunter Freeman, http://snowce.tumblr.com/post/1289883223/hunter-freeman

Stuttgart 21 plant ohne Schwäbische Hausfrau
Die Schwäbische Hausfrau packt den Flammenwerfer aus, lese ich in einem Blogbeitrag von Ralf Schwartz. Es geht um Stuttgart 21 und Ralf Schwartz verweist auf einen lesenswerten Beitrag von Albrecht Müller auf dessen Blog. Ich bin ziemlich sicher, dass die Schwäbische Hausfrau in die Planungen von Stuttgart 21 nicht involviert war, steht sie doch für Vernunft, Pragmatismus, Sauberkeit und bisweilen auch schwertgoschhafte Aufrichtigkeit. Wegen letzterer braucht die Schwäbische Hausfrau auch keinen Flammenwerfer.

International angesehen
Genau wegen dieser herausragenden Eigenschaften wird die Schwäbische Hausfrau immer mal wieder von Politikern auf den Plan gerufen. Nicht nur in Deutschland von Frau Merkel etwa, sondern z B. auch in Frankreich oder in den USA. Aufgrund dieser Eigenschaften haben wir die Schwäbische Hausfrau als zentrales Motiv der Kampagne für die neue Schleifmaschine des Maschinenbauers HAAS aus dem schwäbischen Trossingen ausgewählt.

Die Schwäbische Hausfrau im Kittelschurz.

Schwäbische Hausfrau im Kittelschurz. Quelle: www.schleifblog.de

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Visionen, Missionen, Passionen, Sprücheklopfer

Der Spruchklopfomat von Achim Schwarze. Quelle: www.kleinebroetchen.de

Der Spruchklopfomat von Achim Schwarze. Quelle: www.kleinebroetchen.de

Neulich habe ich von jener Bank, die Leistung aus Leidenschaft bringt, eine Einladung in ihre neue Lounge (was für ein Wort) bekommen. Geboten werden dort, so lese ich: Zeitschriften, bequeme Sitzgelegenheiten und eine Tasse Kaffee. Bis auf den Kaffee gab’s das alles schon vor 40 Jahren beim Zahnarzt meiner Eltern. Echt auf der Höhe der Zeit, denk ich mir und suche auf der Homepage der Bank nach deren Leitbild, im Managerdeutsch Mission Statement genannt.

Dort lese sich dann zum Thema Persönlichkeit der Bank:

„Wir sind passioniert“: Leistung ist unsere Leidenschaft. Auf dieser Leidenschaft beruht das Vertrauen, das Menschen in uns setzen. Dabei kommt es auf jeden Einzelnen an. Jeder macht einen Unterschied. „Leistung aus Leidenschaft“ ist deshalb mehr als ein Slogan – es ist die Art, wie wir handeln. Als EINE Bank. Quelle: http://www.db.com/de/content/company/leitbild_und_marke.htm

Mal abgesehen davon, dass dieses Leitbild-Deutsch zum Teil einfach nur komisch klingt. Woher haben die solche Sätze? Was muss man trinken oder rauchen, dass man auf solche Sätze kommt? Wie geht’s Ihnen, wenn Sie so was lesen?

Von meinem Kollegen Jörn Elfert habe ich einen guten Tipp, wenn Sie mal dringend zwei, drei von diesen geschwurbelten Sätzen brauchen: Hier gehts zum Spruchklopfomat von Achim Schwarze im Internet.

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Genial: Die bayrische Burka

Die bayrische Burka. Foto: Ralf Zimmermann. Quelle: www.sz-magazin.de

Die bayrische Burka. Foto: Ralf Zimmermann. Quelle: www.sz-magazin.de

Während in Frankreich die Burka verboten wird, schickt sich die bayrische Burka an, Deutschland zu erobern. Müssen wir Karlsruhe anrufen? Wird Seehofer zum Wiesn-Imam? Eine mehr als geniale Wortschöpfung des heutigen SZ-Magazins. Chapeau und Dank ans SZ-Magazin!

Schönes Wochenende!

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Wenn die Sache irr wird…

…werden die Irren zu Profis, hat Hunter S. Thompson mal geschrieben. Das hat sich wohl auch der Schweizer Bundesrat Hans-Rudolf Merz beim Verlesen einer absurd anmutenden amtlichen Mitteilung über den Import von Trockenfleisch gedacht. Kann man sich Angela Merkel so vorstellen?

Tagesschau vom 20.09.2010
Quelle: Schweizer Fernsehen Tagesschau. http://www.videoportal.sf.tv

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Einfach, aber bitte nicht einfältig

ORTHEILS MONOLOGE 1 – Einfachheit from Literaturhaus Stuttgart on Vimeo.

Im Urlaub habe ich ein ganz wunderbares Buch von Hanns-Josef Ortheil gelesen. „Die Erfindung des Lebens“ heißt das Werk, in dem die bewegende Befreiungs-Geschichte eines Jungen erzählt wird, dessen Eltern kaum erträgliches Leid durchleiden mussten, und der die ersten 7 bis 8 Jahre seines Lebens nicht sprechen konnte. Beides hängt miteinander zusammen. Mehr sei nicht verraten.

Nun habe ich ein bisschen über Hanns-Josef Ortheil recherchiert und finde auf der Seite des Literaturhauses Stuttgart nette Kurzfilme, in denen er sich zu aktuellen Themen auslässt. Und siehe da, Ortheil schreibt nicht nur großartig, sondern er spricht auch klug und gut. Zum Beispiel zum Thema Einfachheit, siehe oben.

Einfach eine Messeeinladung
Einfachheit ist ja ein Thema, das uns in der Werbung ständig beschäftigt. Die Werbebotschaft soll möglichst einfach, einfallsreich und exakt sein (Dank an Springer & Jacoby für diese schöne Alliteration). Warum nur, frage ich mich, wenn ich mir viele Messeeinladungen so anschaue, wollen manche Leute eigentlich alles, ja am liebsten jedes noch so kleine technische Detail z. B. in eine Messeeinladung packen? Gleiches gilt übrigens auch für sehr sehr viele Anzeigen im Industriegüterbereich.

Überhaupt: müssen Messeeinladungen immer so aussehen wie Messeeinladungen, und wie hätte, sagen wir mal, Picasso eine Messeeinladung gestaltet? Vielleicht so?

Einfach anders: Messeeinladung.

Einfach anders: Messeeinladung.

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Rosa Strümpfe für den Wolf im Mann

Endlich mal eine richtig gute Rote-Socken-Kampagne!

Susanne Padberg, die hier gleich um die Ecke ihre wunderbare und immer besuchenswerte Buchkunst-Galerie Druck & Buch betreibt, macht mich gerade per Mail (Danke!) auf eine sehr schöne Internet-Seite von Falke aufmerksam.

Rosa Strümpfe für den Wolf im Mann. Quelle: www.falke-shop.com/de/herren/wollsocken

Rosa Strümpfe für den Wolf im Mann. Quelle: www.falke-shop.com/de/herren/wollsocken

Da wird, so die kunstsinnige Galeristin, richtig schön mit Klischee, Ironie und Humor gearbeitet. Finde ich auch, und das Ganze wirkt ziemlich cool, very British und handwerklich exzellent gemacht. Kompliment an die Kollegen. So kann Werbung halt auch sein, vorausgesetzt Agentur und Kunde haben den Mut dazu, und es passt zu Produkt und Unternehmen.

Was meinen die Leserinnen und Leser des Reklamekasper dazu? Ich bin gespannt!

Schönes Wochenende!

Norbert Kraas

P.S. Buchtipp für kalte Herbstabende: Jack Londons „Wolfsblut“

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Wenn ungeahnte Dimensionen ganz konkret werden

In Werbung und PR wird ja gerne mal über Dimensionen geredet. Gemeint sind dann meistens die sog. ungeahnten Dimensionen, in die ein neues Produkt vorstoßen soll. Beim Kunden sollen so Assoziationen an Größe und Überlegenheit geweckt werden, und oft klappt das auch.

Mein Kollege Jörn macht mich nun auf eine interessante Website der BBC aufmerksam, bei der es um Dimensionen geht, und zwar in einer der ursprünglichen Bedeutungen dieses Begriffes. Dimension verstanden als „Beziehung einer beliebigen Größe zu den Basisgrößenarten eines Maßsytems, wie z. B. Länge, Temperatur, Masse u.a.“ (Quelle: Wahrig, Deutsches Wörterbuch).

Auf dieser Website lassen sich ganz konkret die Ausmaße (Dimension) der Flutkatastrophe in Pakistan oder die Größe der radioaktiven Wolke der Tschernobyl-Katastrophe in Relation zu der Gegend oder dem Land setzen, in dem man lebt. Damit bekommen abstrakte Größenangaben in Pressemeldungen einen lebensnahen, vielfach wirklich erschreckenden Bezug. Also: Um mal ein realistisches Gefühl für die Größenordnungen zu bekommen, einfach Wohnort oder Land eingeben.

Screenshot: http://howbigreally.com

Screenshot: http://howbigreally.com

Zur Dimensionen-Website der BBC: Bitte hier drauf klicken!

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Kreative Kartoffeln und Bratwürste

Der Reklamekasper macht vom 14.8. bis 6.9.2010 Urlaub.

Neulich fragte mich mal der Geschäftsführer eines feinen mittelständischen Maschinenbauers, wie und wo wir eigentlich auf unsere Ideen kämen. Anlass der Frage war eine nicht alltägliche Messeeinladung (sobald die gedruckt ist, darf ich sie Ihnen zeigen). Jetzt hätte ich ausholen und die bekannten Klischees runterleiern können, wo Kreative überall kreativ sind: unter der Dusche, beim Joggen, beim Hund ausführen, beim Gleitschirmfliegen, im Schlaf usw., usw., usw. Es gibt ganze Bücherschränke zu diesem Thema. Um es kurz zu machen, es gibt eigentlich keinen festen Ort für Kreativität. Die erste Idee zu dieser Messeeinladung kam mir während des Briefinggesprächs, und ich hab zwei, drei Stichworte notiert und ein Foto gemacht.

Auf’s richtige Klima kommt es an
Viel wichtiger für die Kreativität als der Ort ist doch das Klima. Und zwar das zwischen dem Kunden und der Agentur. Je offener und vertrauensvoller dieses Klima ist, desto besser läuft’s mit den Ideen. Humor und die Fähigkeit, ausgetretene Kommunikations-Pfade verlassen zu können, sind auch hilfreich. Denken ohne Geländer, hat die jüdische Autorin Hannah Arendt das genannt. Ein Beispiel:

Einladung zum Grillfest für Mitarbeiter und Geschäftspartner

Einladung zum Grillfest für Mitarbeiter und Geschäftspartner. Quelle: www.multigrind.de

Ob man dann immer alles 1:1 umsetzt, was die Agentur so präsentiert, das ist eine andere Frage. Zunächst mal geht es darum, in alle Richtungen zu denken und vor allem auch Anregungen aus anderen Bereichen (Kunst, Literatur, Wissenschaft, Politik, Musik) aufzunehmen.

Unerschöpflich kreativ sind nur Kartoffeln
„Ja, wenn es überhaupt etwas gibt, auf das all jenes zutrifft, was immer wieder am Künstler diskutiert wird: Innovationsfreude, Kreativität, Spontanität, Produktivität, das Schaffen ganz aus sich heraus und so weiter – dann ist es die Kartoffel: Man sehe nur, wie sie da, im dunklen Keller liegend, ganz spontan zu keimen beginnt und in schier unerschöpflicher Kreativität Keim um Keim innoviert, und wie sie – ganz hinter ihrem Werk zurücktretend – bald unter ihren Trieben verschwindet und dabei die wunderlichsten Gebilde erschafft! (…) Das ist das wahre Schöpfertum, ist wirkliche Vollendung!“ (Quelle: Süddeutsche 12.6.2010). Kein geringerer als Sigmar Polke hat das gesagt, der kürzlich gestorben ist. Polke war ein großer Künstler und ein Enfant Terrible. Er wurde stets bewundert für „seine Unverfrorenheit und seinen Mangel an Kontrollwut (…).“ Schauen Sie mal:


Apparat, mit dem eine Kartoffel eine andere umkreisen kann, 1969, Sigmar Polke.

Bis die Tage!

P.S. Wenn Sie nicht wegfahren, genießen Sie diesen unterhaltsamen Sommerfilm im Kino

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Papa, Du bist peinlich!

Blumentopf und die saugut gerappten RAPortagen zur WM in Südafrika. Vielleicht erinnert sich noch jemand? Blumentopf hören meine Frau und ich seit der WM praktisch täglich, nein nicht im Radio, sondern gesungen bzw. gerappt von unseren Kindern: „Ey Beckham, guck mal so geht kick and rush“.

Und mal ehrlich, mir gefällt der sprachlich höchst anspruchsvolle Blumentopf-Sprechgesang auch, obwohl ich mit den Rolling Stones sozialisiert wurde und vor Urzeiten, sprich 1976, im Neckarstadion Honky Tonk Women mitgegrölt habe.

Bringe ich also neulich unseren Sohn zum Kingergarten und singe auf dem Weg in seinen Gruppenraum so eine RAPortage vor mich hin, und raten Sie mal, was ich mir anhören musste? „Papa, das ist peinlich“, klärt mich mein Sohn auf und verbittet sich einen rappenden Papa. Dabei hat sich die Werbung längst auch diesen Musikstil gekrallt und spielt damit, mal mehr, mal weniger gut.

Gerade habe ich diesen gut gemachten Spot für den Toyota Siena entdeckt. Zielgruppe: Minivan fahrende Ehepaare mit Kindern, denen klar ist, dass die Zeit von Sex and Drugs and Rock’n’Roll endgültig vorbei ist und die damit cool umgehen können. Das ist Werbung mit Humor und Selbstironie. Schauen Sie mal:

gesehen auf Der Feuilletonist.

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